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Fortpflanzung

Die Tragezeit der Großen Tümmler dauert ca. 1 Jahr. In den ersten vier Monaten der Tragzeit werden die Organe und Körperstrukturen des Jungdelfins angelegt. Vom vierten bis achten Monat der Trächtigkeit werden die Organe ausdifferenziert. Insbesondere nach dem achten Monat findet ein erhebliches Größenwachstum statt. In Delfinarien lässt sich die Entwicklung des Jungtieres im Mutterleib durch Ultraschalluntersuchungen gut verfolgen. Die Muttertiere nehmen freiwillig an dieser Untersuchung teil, in dem sie auf Kommando an den Beckenrand schwimmen und ihren Bauch präsentieren, so dass mit einem mobilen Ultraschallgerät das heranwachsende Junge im Muttertier beobachtet werden kann. Derartige Untersuchungen, die erheblich zu unserem Verständnis der Biologie der Delfine beigetragen haben, sind an freilebenden Delfinen nicht durchführbar.

Ultraschallbilder während

verschiedener Stadien der Trächtigkeit

Wenige Stunden bevor die Geburt beginnt, stellt die Mutter das Fressen ein, die Wehen zeigen sich häufiger und das Gesäuge wird größer. Häufig sinkt auch die Körpertemperatur zu diesem Zeitpunkt etwas ab. Der Herzschlag des Babies, der während der Trächtigkeit schneller ist, als der derjenige der Mutter, wird nun deutlich langsamer. Ab jetzt wird das Geschehen rund um die Uhr von erfahrenen Delfinpflegern beobachtet, damit alle zur Stelle sind, wenn es losgeht!

Geburt

Die Geburt eines Großen Tümmlers dauert 1 bis 2 Stunden. Zumeist wird ein Jungtier geboren. Die Geburt findet unter Wasser statt. Delfine kommen fast immer mit ihrer Fluke (Schwanzflosse) voran auf die Welt. Dies hat einen einfachen Grund: erst durch den Kontakt mit dem kühlen Seewasser wird die weiche und biegsame Fluke fest genug, um für den nötigen Auftrieb sorgen zu können. Der neugeborene Große Tümmler ist somit in der Lage, sofort an der Seite seiner Mutter zu schwimmen.

Kaum ist das knapp 20 kg schwere Jungtier auf der Welt, erwartet es auch schon die erste große Herausforderung. Es muss so schnell wie möglich an die Wasseroberfläche gelangen, um zum ersten Mal in seinem Leben kräftig Luft zu holen. Erfahrene Delfinmütter helfen ihrem Nachwuchs dabei, den Weg an die Oberfläche zurückzulegen.

Aufzucht

Während der ersten Lebenswochen achtet die Mutter stets darauf, dass ihr das Jungtier nicht von der Seite weicht. Häufig nimmt dieses dabei eine Position seitlich und dicht hinter ihrer Finne (Rückenflosse) ein. In dieser Position kann sich das Jungtier durch den Sog, den der Körper seiner Mutter beim Schwimmen erzeugt, mühelos durch das Wasser ziehen lassen und sogar während des Schwimmens schlafen.

Als Säugetiere müssen Delfinjungtiere regelmäßig Muttermilch aufnehmen. Die Mutter dreht sich dabei unter Wasser meistens auf den Rücken oder die Seite, damit das Baby zum Trinken an die in Hauttaschen verborgenen Zitzen gelangen kann. Der Saugakt dauert nur wenige Sekunden, wobei dem Baby durch spezielle Muskeln des Gesäuges die Milch direkt ins Maul gespritzt wird, Viele Jungtiere werden noch lange nachdem sie angefangen haben, selber Fisch zu fressen, von der Mutter gesäugt.

Im Delfinarium werden die Delfinbabies in regelmäßigen Abständen gewogen und untersucht. Ihre Entwicklung wird genau dokumentiert, um eventuelle Probleme frühzeitig erkennen zu können. Während der ersten zwei Lebensmonate werden sie zudem 24 Stunden am Tag mit Unterwasserkameras beobachtet. Dies ist eine besonders heikle Zeit im Leben eines jungen Delfins, da die Tiere eine Weile brauchen, bis sie ein ausreichendes Immunsystem aufgebaut haben.

Jungtiersterblichkeit

Über die frühe Jungtiersterblichkeit (neonatale Mortalität) bei Großen Tümmlern, im Freiland sowie in menschlicher Obhut, gibt es viele Berichte.8,9,12,15,18,20
Die Sterblichkeit ist im ersten Monat um Einiges höher als in allen anderen Altersklassen.20
Ein direkter Vergleich von Sterblichkeitsraten zwischen wilden und Tieren in Delfinarien ist unmöglich, da die Beobachtung wilder neugeborener Delfine im besten Fall als schwierig zu bezeichnen ist.11,17,21
Dazu kommt noch, dass Daten aus Beobachtungen neugeborener Kälber nur aus einigen wenigen Delfingruppen stammen und auch in diesen sehr gut erforschten Gruppen werden Geburten oder Todesfälle immer wieder verpasst. Neugeborene, die in den ersten Lebenstagen versterben werden in den meisten Fällen nicht erfasst, Fehl- oder Totgeburten werden nie erfasst.10,21 Diese verschwinden im Meer, da ihre Lungen nie belüftet waren.
Bis heute bleibt die Ursache für die frühen Todesfälle unklar.7,18
Man weiß allerdings wie wichtig die maternalen („von der Mutter zur Verfügung gestellten“) Antikörper für die Jungtiere sind. Große Tümmler haben eine diffuse, epitheliochoriale Plazenta, ähnlich wie Pferde.1,7 Dies bedeutet, dass kein Transfer von Antikörpern von der Mutter zum Kalb vor der Geburt möglich ist. Die Kälber werden also ohne Schutz geboren.4,5,13,14
Sie erwerben die Antikörper einzig und allein mit der Aufnahme der Muttermilch.2,4,5,14,19 Diese helfen dem Neugeborenen sich mit pathogenen („krankmachenden“) Organismen aus seiner Umgebung auseinanderzusetzen, bis sein eigenes Immunsystem dazu ausgerüstet ist.3
Bei Pferden, bei denen eine ebensolche anatomische Situation vorliegt, können die Antikörper nur innerhalb der ersten 18-24 Stunden nach der Geburt aufgenommen werden, wobei der größte Teil innerhalb der ersten 8 Stunden aufgenommen wird.3,4,6,16
Wird die wichtige Kolostralmilch (oder Biestmilch) nicht innerhalb des ersten Tages aufgenommen, kommt es zu einem Transferversagen, welches das Jungtier anfällig für Infektionskrankheiten macht.

 

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2.Blanchard, M. T., and J. L. Stott. 2007. Purification of serum immunoglobulin (Ig) for passive-transfer to neonates. Proceedings of the 38th Annual Conference of the International Association of Aquatic Animal Medicine, Lake Buena Vista, Florida. P. 177.
3.Chavatte-Palmer, P., C. Duvaux-Ponter, and F. Clément. 2001. Passive transfer of immunity in horses. Pferdeheilkunde 17 (6): 669-672.
4.DeLuca J. L., J. T. McClure, D. P. Lunn, and J. Miller. 2001. Evaluation of IgG concentration in foals with failure of passive transfer after administration of intravenous serum or plasma. Pediatric Medicine, reprinted in ISIS 2001 Vol 47 AAEP Proceedings. Pp. 380-384
5.Dougherty, M., G. Bossart, and M. Renner. 2000. Case study: Calf born thirteen months post-regumate contraception with social complications. In: Duffield, D., and T. Robeck (eds.). Bottlenose Dolphin Reproduction Workshop. AZA Marine Mammal Taxon Advisory Group. Silver Spring, MD. Pp. 41-42.
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10.Mann, J., R. C. Connor, L. M. Barre, and M. R. Heithaus. 2000. Female reproductive success in bd (Tursiops sp.): life history, habitat, provisioning, and group-size effects. Behav. Ecol. 11 (2): 210-219.
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